Es gibt keinen besseren Weg, »sich selbst zu erkennen« als die Meditation – das Wort bedeutet auf Tibetisch »mit dem Geist vertraut werden« und auf Sanskrit »das Selbst kultivieren«.
Meditation ermöglicht es uns, die Tür zwischen dem bewussten und dem unterbewussten Geist zu öffnen und so unser analytisches Ich zu überwinden. Das geht am einfachsten morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem Schlafengehen. Da sich unsere Gehirnchemie in diesen Übergangszeiten morgens und abends auf natürliche Weise verändert, verändern sich auch unsere Gehirnwellen – sie verlangsamen sich in einen Zustand, der der Meditation zuträglicher ist; so ist es uns möglich, Zugang zum »Betriebssystem« zu gewinnen, und dort können wir Geist und Körper neu programmieren.
Daraus entwickelte sich die ursprüngliche Idee für die Morgen- und Abendmeditation; sie sollen uns helfen, uns zu verändern, indem wir uns unseres unbewussten Ichs bewusst werden – und auch im Wachzustand im Laufe des Tages bewusst bleiben. Jeden Tag als Chance zu sehen, ein ganzes Leben zu leben, mit offenen Augen zu üben, unsere Zukunft mit Intention und Aufmerksamkeit zu gestalten ... und dann am Abend einen »Lebensrückblick« zu halten und unsere Fortschritte von einer höheren Bewusstseinsebene aus zu betrachten.
Die Grundübung ist folgende: Jeden Morgen, wenn wir aufwachen, erinnern wir uns daran, wer wir nicht mehr sein wollen – und wer wir im Laufe des Tages sein wollen. Wir bereiten unser Gehirn und unseren Körper darauf vor, diese neue Person zu sein, wenn wir aufstehen. Wir deprogrammieren ... und programmieren neu.
Und dann schauen wir, ob wir als diese Person durch den Tag kommen. Wir üben uns darin, uns unserer Gedanken, Verhaltensweisen und Gefühle bewusst zu werden – und nichts unbemerkt an uns vorbeiziehen zu lassen. Wir rufen uns immer wieder in Erinnerung, wer wir sein wollen. Wir bringen uns immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurück, damit wir es nicht vergessen – und damit wir nicht wieder in unsere alte Persönlichkeit zurückverfallen.
Wenn unsere Persönlichkeit unsere persönliche Realität erschafft ... und diese Persönlichkeit sich daraus zusammensetzt, wie wir denken, handeln und fühlen ... dann müssen wir ja wohl, um unsere persönliche Realität zu ändern, auch unsere Persönlichkeit verändern.
Mit anderen Worten: Es ändert sich nichts in unserem Leben ... bis wir uns ändern.
Und so beobachten wir den ganzen Tag über unsere emotionalen Reaktionen. Und unsere Gedanken und Verhaltensweisen. Und wie wir sprechen. Wir üben uns in Metakognition – das ist das Geschenk des Vorderhirns an uns: Wir entwickeln Gewahrsein und Verständnis für unsere eigenen Gedanken. Und damit befähigen wir uns selbst, unsere Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Wir lernen aus unseren Fehlern. Wir üben uns in einer neuen Seinsweise.
Und am Ende des Tages tut es uns gut zu sehen, wie wir uns geschlagen haben. Wir blicken zurück auf den Tag und sehen, wie dieses eine Leben war. Wir beobachten es und entscheiden, ob wir mit unserer Leistung zufrieden sind. Wir feiern unsere Siege. Wir feiern die Dinge, die wir gut gemacht haben. Und wir verpflichten uns, uns an das zu erinnern, was wir gelernt haben, wenn es an der Zeit ist, am nächsten Tag ein neues Leben zu leben.
Es ist ein Rückblick auf den Tag, ein Rückblick auf ein ganzes Leben.
Nach diesem Rückblick denken wir darüber nach, wer wir morgen sein wollen. Es ist ein neuer Tag. Welches Wissen oder welche Informationen ... welche Erfahrungen ... welche Beobachtungen werden beeinflussen, wer wir sein werden? Was haben wir heute über uns selbst gelernt? All das nehmen wir in unser »Spielbuch« auf und nehmen diese Weisheit mit in den nächsten Tag – wenn wir wieder die Gelegenheit haben, die neue Persönlichkeit zu werden und die neue persönliche Realität zu erschaffen.
Ein Tag ist ein ganzes Leben. Jeden Morgen haben wir die Möglichkeit, unser Leben neu zu beginnen. Jeden Abend haben wir die Chance, uns selbst zu feiern und den Tag loszulassen. Und dann nehmen wir die Weisheit von heute mit in die Zukunft. In unser nächstes Leben.